Smalltalk: Die 5 größten Hürden für Introvertierte
Sarah ist Smalltalk Coach für Introvertierte und Hochsensible, deren Schwierigkeiten und Bedürfnisse beim Smalltalk sie aus eigener Erfahrung kennt. Smalltalk endlich als wertvolles Werkzeug zur Beziehungspflege, zum Netzwerken, aber auch zur Stärkung des eigenen Selbstvertrauens nutzen zu können, darin möchte sie andere bestärken. Durch die von ihr entwickelte E-F-E Smalltalk Methode unterstützt sie bei Smalltalk Problemen im Einstieg (Entry), Gesprächsfluss (Flow) oder Ausstieg (Exit). Außerdem können in ihrer “Small Talk Akademie” nicht nur introvertierte und hochsensible Teilnehmer Smalltalk von Grund auf lernen.
Zeige mir eine introvertierte Person, die Smalltalk liebt, und ich zeige Dir einen schwarzen Schwan. Es gibt sie, ich zähle mich zum Beispiel dazu, aber sie sind selten.
Wobei das Wort „lieben“ besser sparsam zu verwenden ist, wenn es Bedeutung haben soll.
Aber mögen – es ist durchaus möglich, Smalltalk auch als introvertierte Person zu mögen und vor allem, geschickt und zielgerichtet einzusetzen.
Bevor wir einen Blick auf 5 weitverbreitete Smalltalk Hürden für Introvertierte werfen, sei gesagt, dass es DEN Smalltalk gar nicht gibt. Diese Form des „kleinen Gesprächs“ leidet seit jeher unter dem Ruf der Oberflächlichkeit, die in Langweile mündend nur Energie kostet, ohne dass etwas Sinnvolles dabei herumkäme.
Da wir es jedoch sind, die den Dingen Bedeutung verleihen, dürfen wir Smalltalk ruhig nach unseren Bedürfnissen gestalten. So wird er interessant und bringt uns nicht nur Freude, sondern auch einen gewissen Nutzen.
Was sind aber die gängigen Hürden, mit denen Introvertierte zu kämpfen haben?
Denn wo eine extrovertierte Person einfach zu plaudern anfängt und Smalltalk beginnt, ohne lange nachzudenken, kommt eine introvertierte Person aus dem Grübeln und allerlei Selbstzweifeln oft nicht heraus.
1 – Introvertierte glauben, nicht „unterhaltsam“ genug zu sein
Ein Gespräch sollte unterhaltsam, zumindest nicht langweilig sein. Da sind wir uns alle einig. Doch wie wir unterhaltsam definieren, ist höchst individuell. Die Eine legt großen Wert auf einen hohen Redeanteil und möchte möglichst viel von sich erzählen. Für sie ist ein Gespräch unterhaltsam, wenn ihr Gegenüber nur zuhört. Der andere möchte vielleicht viel Neues erfahren und lernen und legt gar nicht so großen Wert darauf, selbst im Mittelpunkt zu stehen.
Ein gute Balance ergibt meist auch ein gutes Gespräch. Aber viele Introvertierte glauben, sie müssten unterhaltsam im Sinne eines Entertainers sein. Warum dies ein Fehlschluss ist, lässt sich leicht belegen.
Unterscheiden wir die Smalltalker der Einfachheit halber grob in introvertiert und extrovertiert. Die Extrovertierten sind zwar für spannende und lustige Momente generell sehr empfänglich und beschreiben ein Gespräch mit viel Dramatik sicher als unterhaltsam. Gleichzeitig ziehen sie es jedoch vor, wenn sie selbst dafür sorgen können und eine dankbare Zuhörerin finden.
Somit fordern sie den Unterhaltungswert erst in zweiter Linie von ihren Gesprächspartnern.
Und die Introvertierten? Sie legen ihr Augenmerk nicht auf Unterhaltung im Sinne von laut und lebendig. Also besteht auch hier keine Notwendigkeit durch Extravaganz und „Clown-Eigenschaften“ zu beeindrucken.
Unterhaltsam definiert jeder selbst. Wir sollten dem anderen aber auch die Chance geben, uns kennenzulernen.
2 – Introvertierte unterschätzen dramatisch ihre Gesprächsstärken
Die Aussage „Ich beherrsche keinen Smalltalk“ ist der direkte Weg zu „Ich will auch keinen Smalltalk“. Denn mit dieser Annahme können wir ihn weder lernen, noch verbessern. Doch wer sagt, dass diese Annahme überhaupt richtig ist?
Hier kommt ein kleiner Überblick über introvertierte Gesprächsstärken:
- Zuhören ist Gold wert, da diese Fähigkeit die wenigsten beherrschen
- Ruhe im Gespräch auszustrahlen gibt dem anderen Sicherheit (Paradox oder? Weil wir sie im Gespräch auch suchen)
- Analytisches Urteilsvermögen – Introvertierte werden gerne und oft nach ihrer Meinung gefragt
- Die Fähigkeit, anderen Raum zu geben; denn nicht nur durch Zuhören allein kommt eine gute Gesprächsatmosphäre auf
- Zurückhaltung schafft unbewusst eine Aura von Selbstsicherheit und Überlegenheit (Auch das ist paradox, weil wir uns gar nicht so fühlen)
Die Liste ließe sich noch erweitern, aber es dürfte bereits klar sein, dass diese Hürde schnell fallen sollte.
3 – Introvertierte ziehen nicht früh genug die „Notbremse“ und vermeiden Smalltalk daher lieber direkt
Manchmal ist der Ausblick darauf, wie ein Gespräch endet – oder eher gesagt nicht endet – Grund genug, es lieber direkt zu vermeiden.
Energiereserven sind gerade für Introvertierte kostbar, weil wir sparsam mit unserer Energie haushalten müssen. Somit kann Smalltalk nur unter zwei Prämissen für uns funktionieren: Entweder wir empfinden ihn als so interessant, dass er eben nicht energieraubend ist oder wir wissen, wann genug ist und können unseren Smalltalk dann auch beenden.
Mit einem schlechten Gewissen sind wir auch schlecht beraten. Denn niemand erwartet von uns zuzuhören, obwohl wir es nicht mehr wollen. Daher ist es grundlegend wichtig, die „Notbremse“ zu ziehen, um nicht erschöpft aus dem Gespräch zu kommen.
Denn solch eine Erfahrung frustriert für das nächste Mal. Mit den richtigen Strategien ist auch der „Exit“, der Gesprächsausstieg, leicht. Doch sollten wir uns bewusst machen, falls wir damit Probleme haben.
4 – Introvertierte tun sich schwer damit, über sich zu sprechen und selbstbewusst Gesprächsziele zu verfolgen
„Ist es nicht aufdringlich, über sich zu sprechen?“ Falls Du Dir diese Frage stellst, frage Dich ebenso, was die anderen machen und ob sie damit ein Problem haben?
Die meisten Menschen sprechen gern über sich, ihre Ansichten und ihre Erfahrungen.
Dem zuzuhören ist Teil guten Smalltalks. Doch was ist mit Dir? Denke immer an eine ausgewogene Gesprächsbalance, dass also auch Du Dich einbringst und von Dir erzählst.
Diese Notwendigkeit hat zweierlei Motive. Zunächst ist es auch Verpflichtung guter Gesprächspartner/-innen, sich aktiv am Smalltalk zu beteiligen. Denn es ist ebenso anstrengend für den anderen, wenn Du nur nickst und nichts entgegnest; das wird schnell langweilig und ermüdend.
Dann solltest Du Dich immer fragen, was Du mit dem Gespräch bezweckst? Was ist Dein Gesprächsziel? Ohne ein Ziel läuft alles ins Leere. Die Chance, dass Smalltalk dann interessant wird, ist gering.
Es ist ein legitimes Ziel, beruflich zum Beispiel zu erwähnen, wie wir unsere Stärken definieren und welche Arbeiten wir gerne übernehmen und welche nicht. Warum? Ohne eine solche Information, die zunächst über Smalltalk kommuniziert wird, können Deine Stärken und Wünsche nicht berücksichtigt werden.
Selbst wenn wir eine Person einfach nur näher kennenlernen möchten, teilen wir sinnvollerweise auch unsere Interessen und Vorlieben mit, um Gemeinsamkeiten aufzudecken.
Somit ist es notwendig auch über sich selbst zu sprechen.
5 – Introvertierte glauben, Smalltalk und Gesprächstiefe würden sich ausschließen
Erfahrungen prägen. Wenn wir von 20 Smalltalk-Gesprächen 18-mal oberflächlichen Blödsinn gehört und vielleicht auch selbst von uns gegeben haben, weil wir passiv, ohne wirkliches Interesse, dem Gespräch folgten, werden wir nicht gerade zu Smalltalk Verfechtern.
Dennoch sollten wir es uns nicht zu einfach machen und uns mit der Behauptung „Smalltalk und Gesprächstiefe seien unmöglich“ aus der Verantwortung stehlen.
Wie tief ein Gespräch wird, bestimmen wir schließlich mit, indem wir die entsprechenden Fragen stellen. Wenn wir die Fähigkeit haben, ein Gespräch geschickt zu führen, können wir dessen Inhalte fast ausschließlich alleine festlegen.
Außerdem stellt sich die Frage, wie wir Smalltalk definieren. Manche sehen ihn nur als Einleitung zum richtigen Gespräch, doch die Übergänge sind fließend. Je interessanter Du fragst, umso eher beginnt das „richtige“ Gespräch und es gibt keinen Grund, sich mit oberflächlichem Geplänkel aufzuhalten.
Mit einem Gesprächsziel lässt sich Smalltalk leicht umsetzen. Doch er will – wie alles im Leben, das wir nicht tadellos beherrschen – geübt werden.
Auf eine Hürde gibt es auch immer einen anderen Blick. Sofern Dir Smalltalk wirklich schwer fällt, kannst Du ihn zumindest als Herausforderung begreifen. Zunächst solltest Du Dich jedoch fragen, ob es sich wirklich um eine Schwierigkeit handelt oder Du vielleicht eine allgemeine Auffassung übernommen hast.
Menschliche Kontakte sind viel zu kostbar, als dass wir sie nicht nutzen und pflegen sollten.
Smalltalk steht dabei immer am Anfang.