Effektive Selbstführung: 4 Tipps zum "Nein" sagen

Mal ehrlich: Wie oft hast du in letzter Zeit “Ja” zu einer Aufgabe gesagt, obwohl du eigentlich “Nein” hättest sagen wollen, weil dein Schreibtisch bereits überquillt? Oder zu einer Verabredung, obwohl dir vielmehr nach Chillen auf dem Sofa wäre? Wie oft hast du dich danach geärgert, zu schnell zugesagt zu haben? Und wie oft hast du deine Aufgabe dann doch erledigt oder bist dennoch zur Verabredung gegangen, anstatt deine Zusage im Nachhinein zurückzuziehen?

Wenn du diese Fragen mit “Oft” beantwortet hast, geht es dir wie sehr vielen Menschen. Vor allem als eher zurückhaltende Frau bist du vermutlich sehr harmoniebedürftig und möchtest deine KollegInnen nicht enttäuschen. Vielleicht hast du auch Angst, nicht mehr gemocht zu werden oder einen Konflikt zu riskieren. Oder du hast Sorge, du würdest nicht engagiert oder motiviert wirken. 

Wenn du “Ja” sagst, sagst du automatisch “Nein” zu etwas anderem

Und was ist die unweigerliche Folge vom “Ja” sagen? Genau, du sagst “Nein” zu etwas anderem. Sei dir bewusst, dass deine Zeit und Energie begrenzt sind. Wenn du deiner/deinem Kollegen/Kollegin einen Gefallen tust, bleiben bei dir Themen liegen und du kommst unter Umständen in Zeitnot, arbeitest deshalb mehr oder länger, fühlst dich gestresst. Also, überlege dir, was dir persönlich wichtig ist und wofür du deine Energie aufbringen möchtest. Komm raus aus der Opfer-Rolle und rein in die Entscheider-Rolle. 

Mögliche Gründe, warum wir “Ja” sagen, obwohl wir “Nein” meinen

Der “Liking Bias”

Der sogenannte “Liking Bias” (oder auf Deutsch etwa der “Ich-mag-Sie-Denkfehler”) zeigt, dass wir oft unvernünftig handeln, weil wir geliebt oder gemocht werden wollen. Je sympathischer uns eine Person vorkommt, desto eher sind wir geneigt, dieser Person zu helfen. Rein wissenschaftlich betrachtet ist uns z.B. jemand sympathisch, der uns in Bezug auf Herkunft, Persönlichkeit oder Interessen ähnelt, oder der uns sympathisch findet. (Das ist auch der Grund, warum wir in WWF Werbungen Pandas, Robben und Koalas, aber niemals Würmer oder Bakterien 😉).1

Die “Reziprozität”

Niemand steht gern in der Schuld eines anderen. Wenn wir etwas nehmen, fühlen wir uns bewusst oder unbewusst dazu gedrängt, zu geben. Und wenn du als introvertierte Frau einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hast, umso mehr! Dieser Zwang zur sogenannten “Reziprozität” kann ein weiterer Grund dafür zu sein, warum du zu schnell zu etwas “Ja” sagst. Und pass auf: Es gibt Menschen, die diesen Denkfehler bewusst und berechnend einsetzen, was an eine Art sanfte Erpressung grenzt.2

Hinderliche Glaubenssätze

Und dann gibt es da noch die berühmten Glaubenssätze. Sie sind meist unbewusst in uns verankert und kommen nur selten bewusst zum Vorschein. Dabei ist es umso wichtiger, uns unserer Glaubenssätze bewusst zu werden, damit wir negative auflösen und positive stärken können. Also überlege einmal, wie  du zum Thema “Nein” sagen stehst: Wie fühlst du dich danach, welche Gedanken kommen dir in den Kopf? 

Ein Beispiel für einen hinderlichen Glaubenssatz: “Ich darf nicht Nein sagen, weil ich dann nicht mehr gemocht werde.” oder “Wenn ich Nein sage, riskiere ich einen Konflikt.”

Ein Beispiel für einen positiven Glaubenssatz: “Ich darf ablehnen, was ich nicht möchte oder mag; aus Selbstrespekt und Aufrichtigkeit.” 3

(Dieser Satz steht übrigens auf einem Post-it an meiner Wohnungstür als täglicher Reminder 🔖)

Wenn du dir darüber klar bist, WARUM du “Ja” sagst, ist das schon einmal eine wichtige Voraussetzung, um “Nein” zu sagen. 


4 Tipps zum “Nein” sagen

1) Bitte um Bedenkzeit

Wieder absagen ist schwerer als von Vornherein nicht zuzusagen. Und vermutlich fällt es dir schwerer, ein verbales “Nein” über die Lippen zu bekommen als ein schriftliches. Daher versuche, nicht direkt dem ersten Impuls zu folgen, sondern zunächst um Bedenkzeit zu bitten. Du könntest zum Beispiel sagen: “Ich checke meinen Kalender und komme dann wieder auf dich zu.” So gewinnst du einerseits Zeit, um auf deinen Bauch zu hören und dich ggf. für ein “Nein” zu sammeln. Andererseits steht es dir so frei, deine Absage schriftlich per Email oder Chat zu formulieren.

2) Eine Absage muss kein hartes “Nein” beinhalten

Lege dir ein paar Sätze zurecht, die du in bestimmten Situationen immer wieder hervorholen kannst, ohne dass sie zu “hart” klingen.

Hier ein paar Beispiele für höfliches Absagen:

“Ich kann dir aktuell leider nicht helfen, aber XY bestimmt!”

→ Der Kollege/die Kollegin möchte eine Lösung für das Problem oder die Aufgabe, vielleicht unabhängig davon, WER sie übernimmt. Ein konstruktiver Gegenvorschlag wird der Person in diesem Moment mit Sicherheit weiterhelfen.

“Ich würde sehr gern helfen, aber leider habe ich aktuell keine Kapazitäten. Wenn die Aufgabe noch zwei Wochen warten kann, kann ich mich dem gern annehmen.”

→ Aufgrund der Art und Weise, wie jemand eine Bitte schildert, interpretieren wir manchmal hinein, dass es JETZT SOFORT erledigt werden muss. Nimm’ diesen Druck für dich heraus und kläre die wirkliche Dringlichkeit explizit auf. Du kannst auch hinterfragen, warum diese Dringlichkeit besteht. Gibt es z.B. eine harte Deadline oder geht es der anderen Person nur darum, etwas so schnell wie möglich fertig zu bekommen, um es selbst vom Tisch zu haben? Und dann kann es sein, dass die Sache ganz plötzlich doch nicht mehr so dringend ist 😉

“Ich würde gern einen sehr guten Job machen, doch aufgrund anderer Prioritäten ist mir dies leider nicht möglich. Lass mich einmal abklären, ob hier eine neue Priorisierung meiner Aufgaben/Projekte erfolgen soll.”

→ Ein Lösungsvorschlag hier könnte sein, mit deiner Vorgesetzten/ deinem Vorgesetzten zu sprechen und nach der Priorität dieser neuen Aufgabe zu fragen. Ist es gewünscht, dass du für dieses neue Projekt eine andere Aufgabe liegen lässt und wenn ja, welche?

“Ich habe leider keine Kapazität, um dieses Reporting für dich aufzubereiten. Doch ich kann dir gern meine Zugangsdaten zum Tool geben, sodass du dir die benötigten Zahlen selbst heraussuchen kannst.”

→ Hilfe zur Selbsthilfe kann ein guter Ansatzpunkt sein. So wird deine Zeit nicht weiter beansprucht und du bietest der Person dennoch deine Hilfe an.

3) Trenne die Aufgabe von der Person

Die Absage einer Aufgabe oder eines Gefallens bedeutet nicht die Ablehnung der Person oder der Beziehung zu dieser Person. Mach dir bewusst, dass Aufgabe und Mensch stets getrennt voneinander zu betrachten sind.

4) Ein klares “Nein” kann besser helfen als ein halbherziges “Ja”

Beachte: Mit vagen Aussagen wie “Ich versuche es” oder “Ich könnte es schaffen” ist niemandem geholfen. Ein klares Nein ist für alle Beteiligten hilfreicher. Du setzt dich nicht unter Stress und die andere Person verliert keine Zeit, um einen anderen Lösungsweg zu finden.

Natürlich kann es dennoch sein, dass du jemanden vor den Kopf stößt, ärgerlich oder enttäuscht ist. Und es kann eine Auswirkung auf die Beziehung haben. Doch das ist meist nur kurzzeitig. Am Ende wirst du für das klare Aufzeigen deiner Grenzen vielmehr respektiert.4

Stellt sich also die Frage: Möchtest du gemocht oder respektiert werden?

 

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Quellen:

1 Rolf Dobelli, 2019: Die Kunst des Klaren Denkens
2 Rolf Dobelli, 2019: Die Kunst des Klaren Denkens
3 Martin Wehrle, 2020: Der Klügere denkt nach
4 Greg McKeown, 2014: Essentialismfür dich 

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